Joseph Haydn (1732 – 1809) | Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze |
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Leitung: | Helmut Haag |
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Konzerttermine:
Sonntag, 14. März 2010, 17.00 Uhr, Martin-Luther-Kirche St. Ingbert
Freitag, 19. März 2010, 19.30 Uhr,
Katholische Pfarrkirche Schmelz
Samstag, 20. März 2010, 19.00 Uhr, Stiftskirche St. Arnual Saarbrücken
Presse
Tief empfundenes Abbild des Bibeltextes
Collegium Musicale führt in St. Ingbert Haydns "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze" auf
Eine sensible Interpretation von Haydns Passionsandacht "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze" stellte das Collegium Musicale unter Leitung von Helmut Haag in der St. Ingberter Martin-Luther-Kirche vor.
St. lngbert. Ein nicht alltägliches Passionskonzert mit dem Collegium Instrumentale unter der Leitung von Helmut Haag war am Sonntag in der St. Ingberter Martin-Luther-Kirche zu erleben. Joseph Haydn war 1785 ein rüstiger Fünfziger auf der Schwelle zum Weltruhm, stand aberimmer noch im Dienst des Grafen Esterhazy, als ihn der seltsamste Kompositionsauftrag seines Lebens erreichte: ein Oratorium ohne Gesang für die Passionsfeierlichkeiten im fernen andalusischen Cadiz, betitelt "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze".
Siehen feierliche langsame Sätze, ohne dass Monotonie aufkommt – wie sollte das angehen?
Und siehe da: Es ging an. Der tiefgläubige Komponist ließ sich von den letzten Worten Jesu, aus drei verschiedenen Evangelien zusammengestellt, inspirieren. Und das Unglaubliche gelang: Trotz der durch das Thema bedingten fast identischen Zeitmaße der einzeinen Teile strahlt jede der "Sonaten" ein tief empfundenes musikalisches Abbild des biblischen Textes aus, das den Zuhörer ergreift. Jede Aufführung des selten gespielten Werkes stellt die Ausführenden wieder vor das gleiche Problem wie den Komponisten. Wie kann die Interpretation die Würde des düsteren Stoffes wahren, ohne die
Zuhörer zu ermüden? Und wie ist der hochdramatische Finalsatz ("Presto con tutto forza", die stilisierte Schilderung eines Erdbebens) so zu spielen, dass er nicht als aufgesetzter Fremdkörper erscheint? Das alles setzt sicheres Stilgefühl bei den Interpreten voraus.
Helmut Haag hatte das Werk mit dem Collegium Instrumentale Saarbrücken sorgfältig einstudiert. Die zwei Dutzend Streicher (zu zwei Dritteln Frauen) folgten seinen Intentionen diszipliniert und sensibel und hielten die Spannung bis zum Schluss durch. An vielen Stellen war ein vertrautes Einverständnis zwischen dem Dirigenten und den Musikern zu spüren. Besonders zwei Sätze ließen aufhorchen: Im Cantabile der zweiten Sonata schufen die Streicher eine "singende" Atmosphäre für die Vision vom Paradies, und in der fünften Sonata ("Mich dürstet") nutzten sie die Chance, einen der wenigen Kontraste dieses monochromen Werkes zu schaffen: Dem zarten Pizzikato-Beginn setzten sie kraftvoll-schmerzliche Akkorde entgegen. Im Finalsatz schließlich – eine Vorahnung der Chaos-Einleitung der "Schöpfung" – feuerte Haag das Kammerorchester zu einer imposanten dramatischen Klangentfaltung an, die das Zerreißen des Tempelvorhangs vor Ohren führte, ohne ins Theatralische auszuufern.
Für die Jesus-Worte fand Gunter Cremer den richtigen Ton. Von der Kanzel sprechend, ließ er sich nicht zu dramatischem Deklamieren hinreißen, sondern rezitierte mit dezenter Würde.
Das Konzert wurde stilvoll von Glockengeläut umrahmt. Zum Eingangsläuten wurden dazu noch symbolisch sieben Altarkerzen entzündet. Am Ende gab es herzlichen Beifall in der gut besuchten Martin-Luther-Kirche für ein Werk, das man in St. Ingbert sicher noch nicht oft gehört hat und für eine Interpretation, die sich hören lassen konnte. Für beides ist Helmut Haag zu danken.
Saarbrücker Zeitung, 16.3.2010
Haydn à la Collegium Instrumentale
Saarbrücken. Als musikalische Einstimmung in die Karwoche spielte das Saarbrücker Collegium Instrumentale (Leitung Helmut Haag) am Samstag in derStiftskirche Haydns "Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze" (1786) in der Fassung für Streichorchester. In sieben langsamen und ausdrucksvollen Instrumentalsätzen, ergänzt durch eine Einleitung und ein Schluss-Presto, sinnt der Komponist hier biblischen Texten nach, ohne sie im Detail ausdeuten zu wollen. Man hatte es also in erster Linie mit "absoluter" Musik zu tun.
Um Monotonie oder Langeweile zu vermeiden, dynamisierte Dirigent Haag seine Spielanweisungen abwechslungsreich und fantasievoll. Denn die spinnwebfeinen Unterschiede und Mini-Kontraste der Sonatensätze, mit denen Haydn die Individualität des Einzelnen konserviert, können nur mit viel Fingerspitzengefühl herausgefiltert werden.
Und so gelang es Haag, mit untrüglichem Sinn für formale Notwendigkeiten und ästhetische Symmetrie, den emotionalen Radius der Meditationsklänge klug abzuschreiten. Gegensatzpaare wie Erhabenheit und Idylle oder Schmerz und Seligkeit wurden deutlich hörbar. Eine wache, eine sensible Ausdeutung, die dem ernsten Gehalt des Werks gerecht wurde. Agogische Feinheiten (Tempo-Nuancierungen) erhöhten den Reiz des musikalischen Duktus und sorgten für notwendige Belebung.
Genau zwei Dutzend Sreicher bilden das Collegium Instrumentale. Studierende der Musikhochschule Saar sind das künstlerische Rückgrat des Orchesters. Man intoniert rein und kann sich technisch durchaus mit Berufsmusikern messen. Ein deutlich spürbares musikantisches Grundverständnis lässt auf künstlerischen Ernst und werkverpflichtendes Arbeiten schließen. Mit Vergnügen lauschte man also den Klängen der jungen Musiker, die aufmerksam den Anweisungen ihres Dirigenten folgten. Vor jedem der sieben Sätze rezitierte der Schauspieler Gunther Cremer mit etwas zu viel Pathos die dazu gehörenden Bibeltexte.
Saarbrücker Zeitung, 23.3.2010